Der Wind pfeift an diesem Spätfrühlingsabend zwischen den brutalistischen Betonsäulen des Ebertplatzes hindurch. Auf der Leinwand rattern vollbesetzte Vorortzüge im rüttelnden Rhythmus des Trassentaktes hinein in die Millionenmetropole Mumbai. Im Hintergrund des provisorischen Kinos spazieren Leute vorbei, die den Ebertplatz durchqueren und lösen sich auf im Gewusel der Menschen und vermischen sich mit den indischen Pendlerinnen auf dem magischen Screen des Dokomotive-Kinos. Die schwarz-weißen poetischen Bilder aus Rebana Liz Johns beeindruckendem Film betten sich ein in die entsättigte und etwas düstere Aura des farblosen Ebertplatzes. Lediglich ein paar Neonlichter blitzen auf zwischen den spinnengewebten Betondecken doch der Sog der Diesellokomotiven zieht uns hinein in diese fremde Welt voller Geschichten von persönlicher Tragödie, religiösem Fatalismus, Philosophie und Poesie, Geschichten von starken Frauen auf der Sucheund im ständigen Kampf um Selbstbestimmung im patriarchalischem Indien.
Nahverkehrszüge rattern durch die Metropolregion Mumbai, Frauen steigen ein und aus, träumen in die vorbeifliegende Landschaft, lesen, (ver)kaufen Snacks oder Schmuck, schauen auf ihr Smartphone – flüchtige Begegnungen, Kommen und Gehen. Filmemacherin Rebana Liz John ist mit ihnen in den Frauenabteilen der indischen Metropole gereist und ins Gespräch gekommen. Der Film LADIES ONLY erzählt von ihren Lebensgeschichten, Träumen und Leidenschaften in all ihrer Verschiedenheit. Er entblättert dabei in vielen Facetten, was es bedeutet eine Frau zu sein – in Indien und in der Welt.
Die Kamera ist dabei ihren Protagonistinnen ganz nah und wirft einen vertrauensvollen, sehr transparenten Blick auf sie. Wie eine feministische Verbündete konzentriert sie sich ganz auf ihre Gesichter, ihre Gesten, Blicke und ihre Worte.
Die Fragen, die Rebana Liz John den Frauen stellt, sind die meisten von ihnen nicht gewohnt zu hören. Was macht dich wütend? Wann hast du das letzte Mal geweint? Bist du frei? Es sind Fragen, die im Schutz der für Frauen vorbehaltenden Abteile in großer Intimität verhandelt werden können.
Doch auch in Köln sollten diese Fragen gestellt werden und Anlass geben, im Kommen und Gehen innezuhalten und nachzuspüren.
Für uns als Dokomotive gehört LADIES ONLY an einen öffentlichen Ort, sodass Passant*innen in den Film einsteigen (und aussteigen) können. Wir laden deshalb zum immersiven Special Screening zwischen den schummrigen Säulen der Ebertplatzpassagen ein, in Hörweite des Ratterns der U-Bahnen.
Nahverkehrszüge, Bahnhöfe, Passagen, Unterführungen – öffentliche Räume sind für alle zugänglich, aber nicht alle sind ihn ihnen gleich und nicht alle fühlen sich in ihnen gleich frei. Der Ort läd dazu ein, mit dem Film gemeinsam über Identität, öffentliche Räume und Safe Spaces nachzudenken.
Das Screening fand am 28.5.2024 in den Ebertplatzpassagen statt.