Sonne Unter Tage im Bergwerk

„Wie lange dauert es, bis eine Erinnerung zerfällt?“

Erzgebirge. Unter der Erde strahlt es. Atome zerfallen, setzen Energie frei, lassen Skelette auf der Bühne tanzen, sollen Krankheiten heilen und den Kalten Krieg entscheiden. DDR-Umweltaktivist*innen schleichen zum Sperrgebiet. Arbeiter*innen schlagen im Akkord Erz. Es wird in die Sowjetunion transportiert und kehrt zurück in Brennstäben im Atomkraftwerk Greifswald und als radioaktiver Regen aus Tschernobyl.

Der Film verschiebt unsere Wahrnehmung, macht uns empfänglich für unsichtbare Strahlen und Vibrationen. Er nimmt uns mit unter Tage und legt Fragmente der Weltgeschichte frei, wirft Schlaglichter auf Lebensgeschichten. Zäune, Grenzen und Grenzwerte geraten ins Wanken. Es ist eine Geschichte, die heute noch strahlt.

Für diesen Film folgten wir in der Organisation des Screenings der Suchbewegung des Films unter die Erde. In Kooperation mit dem Frauen Film Fest Dortmund + Köln organisierten wir ein Screening am 20.04.2023 im Trainigsbergwerk Recklinghausen. Um den Film zu sehen, betrat das Publikum selbst den Schacht, gewöhnte sich an die Dunkelheit, die Enge, die Lichter – und bohrte in der Geschichte. Bei einer Führung durch den Stollen wurde die harte Arbeit unter Tage, aber auch der Teamgeist der „Kumpels“ erlebbar. Im Anschluss an das Screening unter Tage ging ein Filmgespräch mit der Regisseurin Alex Gerbaulet der Geschichte des Uranabbaus in Deutschland und dessen Folgen auf die Spur. Die Abschaltung der letzten Atomkraftwerke Deutschlands nur wenige Tage zuvor, gab dem Film und dem Gespräch eine zusätzliche Aktualität.

Wir haben mit dem Screening 45 Menschen erreicht. Der zum Kinosaal umgenutzte Raum unter Tage war bis zum letzten Platz besetzt. Beim den Gesprächen wurde deutlich, dass mit dem aus Dortmund angereisten Publikum des Frauen Film Fest und den Gästen aus dem aktiven Bergleute-Netzwerks des Trainingsbergwerks zwei sehr unterschiedliche Welten aufeinandertrafen. So kamen auf der einen Seite Menschen mit einem künstlerisch sehr experimentell gestalteten Film Kontakt, die solche Formen bislang nicht kannten und auf der anderen Seite führte das Erleben der Enge und der strikten Sicherheitsregeln unter Tage zu einem Lernerlebnis, jenseits etablierter Kulturräume und außerhalb der Komfortzone.